29. April 2004
Remo, du fehlst mir so
Seit acht Tagen ist dein 21. Geburtstag vorbei. Dein erster Geburtstag, den du im Himmel gefeiert hast. Wie gerne hätte ich deine strahlenden Augen gesehen, wenn du das Geschenk ausgepackt hättest ; du hättest dich mit deiner so wunderbaren, herrlichen Art bedankt und hättest mich, und deinen über alles geliebten Daddy mit deinen starken Armen so richtig an dich gedrückt!
Remo, du fehlst uns so unbeschreiblich……..
Was würde ich dafür geben, dich noch einmal einen kurzen Augenblick zu sehen, dich in die Arme zu nehmen und dir zu sagen, dass ich dich über alles liebe und um dir zu sagen, wie dankbar ich bin, dass ich deine Mam sein durfte. Das Mami von einem so warmherzigen, speziellen, wunderbaren Sohn…….
Was würde ich dafür geben, wenn ich in der WG dein so wunderbar eingerichtetes Zimmer bestaunen dürfte und dir sagen könnte, wie unheimlich stolz ich auf dich bin. Du wolltest uns im Januar zu einem selber gekochten Essen einladen….. Bitte verzeih mir, dass es vorher irgendwie nie geklappt hat…..
Was würde ich dafür geben, um nur noch einmal deine Stimme zu hören, wie du mir immer “ e schena Morge „, oder “ e schena Namitag „, oder “ e hilba Hined “ gewünscht hast. Oder wenn du im Zimmer, unter der Dusche oder sogar beim Schuhe binden vor der Arbeit, gesungen hast……so viele deiner Lieblingslieder (fast alle englisch ), haben einen tiefen Sinn. So viele Texte laden dazu ein, einen Moment innezuhalten und über die Worte nachzudenken. Du hast es sicher gewusst, aber ich habe es erst jetzt bemerkt, wo du nicht mehr da bist……
Was würde ich dafür geben, um dir zu gratulieren zu all deinen Supernoten die du in der Berufsschule gemacht hast und um dir zu sagen, dass dein Chef dein Arbeitsbuch kopiert hat um es als “ Vorzeigebeispiel “ zu brauchen für die zukünftigen Lehrlinge…….
Was würde ich dafür geben, wenn mich endlich jemand aus diesem schrecklichen Traum aufwecken würde, und es wäre alles wieder so, wie vor dem 31. Dezember……..
Du hast es nie gerne gesehen, wenn ich Schmerzen hatte und ich weiss, dass du darunter gelitten hast, – aber du hast mir mit deiner Art immer soviel Freude und soviel Licht gebracht und ich musste soviel Lachen ab deinem köstlichen Humor. Du hattest immer eine positive Einstellung und du hast mich damit aufgestellt.
6 1/2 Stunden vor deinem schrecklichen Unfall habe ich dich, einfach so, angerufen auf dein Natel. Ich wusste, dass du mit deinem Freund Franco unterwegs warst. Ich wollte euch einen schönen Abend wünschen und einfach hören, ob es dir gut geht.
Wenn ich gewusst, oder auch nur geahnt hätte, dass 6 Stunden später etwas so schreckliches, einschneidendes, definitives und brutales passiert, ich hätte alles nur erdenkliche getan um es zu verhindern……
Ich bin so froh, dass du an dem Abend dein Handy eingeschaltet hattest. Ich habe an deiner Stimme gehört, dass du so richtig glücklich warst und dass ihr es gut hattet zusammen. Du hast mir gesagt, dass du dich freust am nächsten Mittag heimzukommen und zu sagen, ob du am Silvesterabend bei uns z`Nacht isst. Du hättest uns in die Arme genommen und uns von Herzen einen guten “ Rutsch “ gewünscht und du hättest dich so richtig auf einen schönen Abend und eine super Nacht mit vielen Deiner wunderbaren Freunde gefreut……
Remo, wir durften in dieser schweren und traurigen Zeit ein paar von deinen Freunden besser kennen lernen. Es tut uns so gut mit ihnen zusammen zu sein. Wenn wir dann über dich sprechen und sie uns erzählen, was ihr zusammen erlebt habt, dann können wir in Gedanken an vielen Erlebnissen, die du hattest, teilnehmen. Dafür sind wir dankbar.
Du hast so vielen jungen und auch älteren Leuten mit deiner Lebensfreude und deiner Energie angesteckt. Du hast mit deinem Humor und deiner lustigen, einmaligen Art so viele zum Lachen gebracht. Du konntest aber auch ernsthafte Diskussionen führen und du warst sehr feinfühlig und hast dir viele Gedanken gemacht über Menschen, die anders Denken, ganz anders aufwachsen………dich haben unter anderem die Indianer fasziniert. Wie sie leben, ihre ganze Art, ihre Überlegungen, usw……Wie gerne hättest noch so viele verschiedene Länder bereist, verschiedene Völker kennen gelernt……..
Ich versuche mir vorzustellen, wie du jetzt mit so vielen verschiedenen Rassen und Menschen zusammen bist – so viele, wie du es dir nie erträumt hast. Ich hoffe, und wünsche und bete, dass du glücklich bist und dass nicht auf diese Erde zurückkommen möchtest auch wenn du es könntest……….
Von vielen Seiten höre ich: – es muss weitergehen, – der Frühling kommt, die Sonne wird wärmer, freu dich über die schönen Blumen, dann geht es dir sicher besser! – du hast ja noch zwei Kinder und einen lieben Mann, vergiss das nicht!
Das ist alles richtig. Aber wir 5 hatten so eine enge, schöne Beziehung. Wir waren glücklich und auch dankbar, dass wir soweit alle gesund sind. Meine Kinder und mein Mann waren und sind mir das wichtigste auf der Welt! Aber am 31. Dezember `03 hat das Schicksal brutal zugeschlagen und wir mussten eines von unseren über alles geliebten Kindern loslassen. Das gibt eine tiefe Wunde und tut unheimlich weh. Es wird nie mehr so sein wie vorher. Wir müssen damit lernen zu leben, aber das ist sehr schwer, und braucht auch viel Zeit. Ein Stück von meinem Herz hast du, Remo, mitgenommen…….Es wird immer eine Wunde zurückbleiben – auch bei Dani, Andrea und Marco. Wir wissen, dass es irgendwann ein bisschen weniger weh tut, aber es wird nie mehr so sein wie vorher…….
Dass man seine Grosseltern, Eltern und auch Freunde verliert, das weiss man und das ist auch normal – aber seine eigenen Kinder sollte man nie beerdigen müssen…..
Im Moment passen wir gar nicht so richtig in die “ Gesellschaft „. Wenn man mit Freunden oder Bekannten zusammen ist, versucht man sich „anzupassen“, „mitzulachen“, wo gelacht wird. Aber im Herzen sieht es ganz anders aus. Es ist ein ständiger Kampf. Nichts ist mehr wie es vorher war……..
Liebster Remo, ich möchte dir danken, für die 20 Jahre, die wir mit dir verbringen durften. Du weist, dass ich dich über alles vermisse! Ich habe dir, und auch deinem geliebten Dad, deiner Schwester und deinem Bruder an speziellen Tagen oder auch einfach so immer wieder einen Brief geschrieben. Beim aufräumen habe ich gesehen, dass du all diese Briefe aufbewahrt hast. Das hat mich sehr berührt. Im Geburtstagsbrief, den ich dir an deinem 20. Geburtstag gegeben habe, schrieb ich: – Lieber Remo, ich könnte mir ein Leben ohne dich, deine aufgestellte und fröhliche Art nicht vorstellen……
Damals konnte ich nicht wissen, dass ich gut ein Jahr später mich mit diesem schweren Gedanken befassen muss. Jetzt muss ich versuchen, ohne Dich, deine Art, dein Lachen weiterzuleben. Ich tu es für dich, weil ich dich über alles liebe……….
Für immer, deine Mam